Zum künstlerischen Werk von Irmtraut Fliege
Vom Resultat einer künstlerischen Entwicklung her rückblickend betrachtet erscheint diese oft ganz logisch. Das ist für den aufmerksamen Beobachter der Arbeit Irmtraut Flieges über die letzten 10 Jahre nicht anders. Nur auf den ersten Blick überrascht es deshalb, dass die Künstlerin in ihren neueren Werken bei einer ungegenständlichen Bildsprache angekommen ist. Ihre schon immer unkonventionellen malerischen Mittel hat sie noch einmal erweitert um Elemente der Zeichnung und Drucktechniken.
In Flieges früheren Arbeiten begegnen wir menschlichen Wesen, eigentlich eher Kunstfiguren, oft gesichtslos, die nur durch Konturierung eine oft flüchtige Identität erhalten. Sie vermitteln ein Gefühl von Einsamkeit und Verlorenheit in einer fremden Welt und scheinen doch in sich zu ruhen.
In den später folgenden Landschaftsbildern verschwinden die Konturierungen fast vollständig. Die malerische Reduzierung lässt Landschaftselemente wie gegeneinander gesetzte Farbflächen wirken, die erst in der Imagination des Betrachters zu Landschaften zusammengesetzt werden. Landschaften, weite Räume, die dem Auge des Betrachters keine figurativen Anker anbieten und denen in dieser Unbestimmtheit etwas Geheimnisvolles anhaftet.
In ihrer Stillleben-Reihe nutzt Irmtraut Fliege Früchte als grafische Elemente, um eine abstrakt-formale Bildwirklichkeit zu schaffen. Die Früchte selbst werden durch die Art der gewählten Farbigkeit und ihre Überlagerung durch ein grafisches Raster stark verfremdet und sind als solche kaum mehr zu erkennen.
Diese grafische Figur eines Rasters setzt Fliege schon in der figürlichen Werkgruppe der Menschenbilder ein. Für die Darstellung von Vereinzelung teilt sie den Bildraum in einzelne gleichmäßige Zellen ein, in denen jeweils eine einzelne Figur residiert.
In ihren explizit ungegenständlichen Arbeiten bestimmt das Rastermotiv zunehmend die bildliche Aussage. Allerdings nicht mehr in der streng grafischen Form, sondern eher spielerisch aufgelöst in Kompositionen von zumeist kreisförmigen Bildelementen, die, vor relativ formal gestaltete Farbflächen gesetzt, eine fast tänzerische Leichtigkeit gewinnen.
Von figürlichen Darstellungen menschlicher Verlorenheit in einer fremden Welt bis zu spielerischen ungegenständlichen Bildkompositionen - vor dem Hintergrund dieser Entwicklung darf man gespannt sein, wie es weiter geht mit dem künstlerischen Werk Irmtraut Flieges.
Frank L. Giesen, 2016